Der Duft von Weihrauch, der Geschmack von Gewürzwein und das Gefühl von fließenden Stoffen auf der Haut. Das sind Eindrücke, die ich fest mit meinem Larp-Charakter Aurelia verbinde. Für mich ist sie nicht nur mein erster Langzeit-Larp-Charakter, sondern auch das beste Beispiel für die Magie von Larp und welche wertvollen Erfahrungen man dort für das tägliche Leben sammeln kann.

Aurelias Geschichte
Die Charaktergeschichte Aurelias oder besser gesagt Aurelia Aquila Secundas, wie sie mit vollem Namen heißt, basiert auf einem antik-römischen Hintergrund*, passend zum Antiken Lager auf dem Epic Empires, für das ich sie gestaltet habe. Sie stammt direkt aus der Hauptstadt Rom zur Regierungszeit von Kaiser Augustus und dient dort im Herzen der damaligen Welt als Vestalin im Tempel ihrer Göttin.
Das ist keine geringe Aufgabe, denn neben der Verehrung des Iuppiters ist der Kult um Vesta, die Göttin des römischen Staatsherdes in der damaligen Gesellschaft der wichtigste. Denn die Göttin garantiert salus, also Heil, für jede einzelne Person wie auch für den gesamten Staat. Ihre Priesterinnen tragen also eine große Verantwortung für das Gemeinwohl und sind mit zahlreichen Pflichten betraut, mit denen aber auch einige Privilegien einhergehen.

Der Tradition ihres Tempels entsprechend wurde Aurelia bereits als kleines Mädchen für den Dienst im Vesta-Tempel auserwählt und durchlief dort eine langjährige Lehrzeit. Zu Beginn ihrer Geschichte auf dem Epic Empires hatte sie diese gerade abgeschlossen und war als vollwertige Vestalin in den aktiven Tempeldienst eingetreten. Doch bereits kurz nachdem sie diese neue Stufe in der Hierarchie des Tempels erreicht hatte, wurde sie – sehr zu ihrem Verdruss – ausgewählt die Soldaten Roms in die neu gegründete Stadt NeaPolis und damit in die Welt des Epic Empires zu begleiten, um den Schutz der Göttin mit ihnen dorthin zu tragen.
Nachdem ersten Kulturschock, sich plötzlich in einer noch vollkommen unbefestigten Stadt wiederzufinden, wo das Leben in keinerlei Hinsicht dem gleicht, was sie von Rom gewöhnt ist, hat sie über die Jahre ihre neue Heimat schätzen und lieben gelernt.
Da sie bereits von klein auf auf ihre Rolle als Vestalin vorbereitet wurde, zeichnet sie eine selbstbewusste und manchmal dominante Persönlichkeit aus. Sie ist sich ihrer Verantwortung für das Gemeinwohl der Gesellschaft stets bewusst, aber auch ihres Privilegs als Frau selbstbestimmt leben zu können, ohne von einem Mann abhängig zu sein.

Aurelia und ich
Als Aurelias Geschichte 2013 begann gab es meinem Blog noch nicht, für den sie später Namenspatronin werden würde. Ich war noch frisch an der Uni, unsicher, was ich mit meinem Leben anstellen möchte und mit ziemlich wenig Selbstbewusstsein. Aus Gründen, die wohl nur die Götter kennen war jedoch Selbstbewusstsein eine der zentralen Charaktereigenschaften, die ich Aurelia bereits zu Beginn mit auf den Weg gegeben habe.
Eine ihrer Aufgaben auf dem Epic Empires war es gemeinsam mit den anderen Priestern Rituale und Gottesdienste abzuhalten. Das bedeutete vor Menschen zu sprechen. Das war jedoch etwas, was ich mehr als alles andere gehasst habe. Vor Referaten vor 15 zum Großteil schlafenden Kommilitonen an der Uni wäre ich regelmäßig am liebsten davongelaufen, konnte Nächte vorher nicht schlafen und habe mich mit Übelkeit herumgeplagt.
Sie war in vielerlei Hinsicht das genaue Gegenteil von mir. Man kann sich also vorstellen welche Herausforderungen es war in die Rolle meiner Vesta-Priesterin zu schlüpfen.

An das allererstes Ritual – für das ich absolut keine Vorbereitungszeit hatte – erinnere mich noch genau. Daran wie mich plötzlich gut 50 Leute erwartungsvoll anstarrten und mir der Gedanke durch den Kopf schoss:
„Du hast jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder du läufst jetzt weg – was mega peinlich wäre – oder du ziehst es durch.“
Zum Glück habe ich mich für Letzteres entschieden und das jedes Mal wieder in den Jahren, in denen ich Aurelia gespielt habe.
Was zu Beginn noch unheimlich schwer war und mit großem Stress verbunden – besonders das Sprechen vor Publikum – , wurde mit der Zeit immer leichter. Mit der Zeit habe ich gelernt Körpersprache einzusetzen, um auch in Situationen, in denen ich mich vollkommen orientierungslos und unsicher fühlte, absolute Selbstsicherheit zu heucheln.

Und nach und nach begann ich diese Fertigkeit auch im Alltag einzusetzen. Referate an der Uni machten mit bald schon nichts mehr aus. Selbst wenn ich mich einmal extrem unsicher fühlte, konnte ich immer gedanklich in die vertraute Rolle meiner Aurelia schlüpfen und das tue ich noch heute manchmal.
Diese Figur hat also in mancher Hinsicht die Welt des IT-Spiels auf dem Epic Empires verlassen, indem sie ein Teil von mir geworden ist und begonnen hat mich in meinem OT-Leben zu begleiten. Aurelia zu spielen hat mir nicht nur geholfen eine tief sitzende Angst zu überwinden, sondern mir zugleich einen Werkzeugkasten an Möglichkeiten mit auf den Weg gegeben, der mir auch jetzt im Berufsleben immer wieder von Nutzen ist.
Indem ich ihren Namen für diesen Blog und als Künstlername ausgewählt habe, habe ich sie umso mehr zu einem Teil von mir gemacht. Und es fühlt sich nur richtig an, dass ihr Name wie mein eigener persönlicher Motivationsspruch als Überschrift über all den Dingen steht, auf die ich stolz bin und die ich liebe.
*Wie bei allen meinen Larp-Charakteren und Outfits habe ich keinerleich Anspruch an historische Korrektheit, weder was den Hintergrund noch was die Gewandung betrifft. Ich orientiere mich lediglich daran und nehme mir die künstlerische Freiheit von der Historie abzuweichen.
Shooting-Informationen:
Fotos & Bearbeitung: Julia Herold – Light it up – Fotografie
Model & Kostüm: Aurelia Creative
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