Eine Tournüre zu nähen, davor hatte ich bei meinem Westernoutfit am meisten Respekt. Zwar habe ich schon Korsetts selbst gemacht und dabei zumindest die Berührungsängste mit Stäbchenverstärkungen verloren, aber eine solche Rockkonstruktion stabil genug hinzubekommen, um die Stofflagen zu unterstützen und zugleich flexibel genug, sodass sie im Larp-Alltag noch manövrierfähig ist, hat mir ein bisschen Sorgen gemacht.
Allein die Materialauswahl fand ich bereits schwierig. Man liest zwar immer, dass man Stäbe zur Verstärkung verwenden soll, bekommt aber nie gesagt welche Stäbchen das denn nun sein sollen. Kunststoff, Stahl, etwas ganz anderes, was ich noch nicht kenne? Historische Quellen sind dabei zwar ein Anhaltspunkt, aber nur bedingt hilfreich, da man viele der damals verwendeten Materialien heute gar nicht mehr oder nur noch in anderer Form bekommt. Zum Glück war es am Ende aber gar nicht so kompliziert wie befürchtet.
Die Konstruktion
Es gibt Tournüren in den unterschiedlichsten Formen und Größen. Ich habe es mir mit der Wahl der Form sehr leicht gemacht und mich einfach am Schnitt Nr. 101 von Truly Victorian orientiert.
Allgemein finde ich es gut, wenn man sich bei den ersten Versuchen mit einer solch neuen Konstruktion erstmal an einer klaren Vorlage orientiert. Während des Nähprozesses beginnt man nach und nach den Sinn und die Funktion der einzelnen Elemente zu verstehen und kann dann beim nächsten Mal auf Basis dieser Erkenntnisse schon erste kleine Anpassungen vornehmen.
Die Tourüre, die ich gemacht habe ist im Grunde ein einfacher Rock, nur dass in der hinteren, oberen Hälfte eine mit Stäben verstärkte Konstruktion eingearbeitet ist. Ich habe 1 cm breite Stahlstäbchen verwendet, die ich mit einer Metallschere auf die richtige Länge zugeschnitten habe. Dabei habe ich den Enden abgerundete Kanten verpasst und scharfkantige Stellen mit einer Metallfeile geglättet.
Die Stächen werden dann durch insgesamt 4 Tunnel am Rock gezogen, 3 davon parallel zueinander laufend und einer diagonal, der die drei anderen in Position hält. Links und rechts an den Nahtzugaben direkt neben den waagerecht verlaufenden Stäben, werden Bänder angebracht, die man so zusammenbindet, sodass die halbrunde Form entsteht. Sie halten die Tournüre außerdem hinter den Beinen und verhindern, dass sie nach vorne rutscht.
Über die Stäbchenkonstruktion wird noch ein Overlay mit Rüschen genäht. Das war das Teil, das beim Nähen am meisten Spaß gemacht hat und es verleiht der Tournüre nochmal extra Fluff!
Da ich mein Korsett schon vor einer ganzen Weile fertig gemacht habe, ist mein Tournürenrock erstmal das letzte Teil des Untergewands. Der nächste Punkt auf meiner Liste ist also schon die sichtbare Oberbekleidung.
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